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Die Verhaftung stellt den massivsten Eingriff in die Freiheitssphäre des Bürgers dar. Unschuldsvermutung und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebieten es, ihren Einsatz auf das Nötigste zu begrenzen. Die Regelungen zur vorläufigen Festnahme und zur Untersuchungshaft sind seit Erlass der Strafprozessordnung im Wesentlichen unverändert geblieben. Frankreichs Gesetzgebung über die garde à vue und die détention provisoire kennzeichnet dagegen das unablässige Streben nach einer Optimierung des Freiheitsschutzes. Unweigerlich stellt man sich die Frage, wo die persönliche Freiheit effektiveren Schutz genießt. Wegen der zunehmenden Europäisierung des Strafverfahrens hat das Thema besondere Aktualität.
Der Autor untersucht, wie das französische und das deutsche Recht den Ausnahmecharakter einer »Haft ohne Urteil« verwirklichen. Ausgehend von der wegweisenden Feststellung, dass beide Länder - auch Deutschland - mit der Polizeihaft einerseits und der Justizhaft andererseits zwei Grundformen strafprozessualer Freiheitsentziehungen unterscheiden, liefert die Arbeit eine grundlegende rechtsvergleichende Analyse über einen Schlüsselmoment des Strafprozesses. Sie macht deutlich, dass bei der Umsetzung des Freiheitsschutzes teilweise sehr unterschiedliche Akzente gesetzt werden. Durch die Einbeziehung der historischen und verfassungsrechtlichen Zusammenhänge werden weitergehende Erklärungsansätze für die vorgefundenen Konvergenzen und Divergenzen aufgezeigt. Am Ende steht die Erkenntnis, dass beide Länder vieles (»dos and don'ts«) voneinander lernen können - nicht nur im Hinblick auf die nationale Reform, sondern auch für die gemeinsame Fortentwicklung eines europäischen habeas corpus.
Diese Arbeit wurde 2015 mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft für herausragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet.