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Die Filmtheorie hat es weit gebracht in den letzten Jahrzehnten. Besonders die aufregenden Studien zur Bewegung im Film seit den 1980er Jahren haben die bis dato klaffende Lücke zwischen Filmgeschichte, Filmtheorie und Filmanalyse durch den weiten Horizont medial inspirierter und philosophisch informierter Theoreme zu schließen gewusst. Doch ein Manko ist dabei geblieben: So sehr über Zeit und Bewegung als grundlegende Bestimmungsmomente des Kinos gesprochen wurde, so wenig hat man der Tatsache Rechnung getragen, dass jede Bewegung ihren Weg benötigt.Aus dieser einfachen Voraussetzung ist ein Begriffsvokabular der Weglichkeit entstanden, das sich auf drei Prämissen stützt: - Erstens sind Filme immer bewegte Bilder, ihr Stoff ist die Bewegtheit, auch wenn Unbewegtes gezeigt wird.- Zweitens kann diese Bewegtheit für und in sich bleiben, sie kann aber auch in Fortbewegung münden.- Um ereignishafte Fortbewegungen und die daraus abgeleiteten Handlungen sichtbar zu machen und erzählen zu können, sind drittens trägere Substanzen, relativierende Bildsegmente und distanzierte Erzählpositionen des Zeigens von Fortbewegung nötig. Diese nennt man Wege. Auf Wegen kann man gehen, auf Wegen kann man aber auch sehen. Karl Sierek nennt sie deshalb Gehwege und Sehwege.Welche Vorteile bietet diese einfache Begriffsbestimmung der Triade von Bewegtheit, Weg und Fortbewegung? Wozu dient sie, was nicht mit bestehenden Begriffsinstrumenten bereits fassbar geworden wäre? Vom ersten Moment an entwickelt jeder einzelne Film ein Regime der Bewegtheit, das sich bereits in den ersten Minuten in bestimmte wegliche Vektorenbündel ausfächert. Kein existierender Filmtheorieentwurf hat bisher in ausreichend begründetem und breit überprüftem Ausmaß diese Ausfaltung beschrieben und systematisiert. Wenn uns also Filmanfänge etwas lehren, so die Tatsache, dass ihre Wege nirgends beginnen, ebenso wie sie nirgends enden. Ihr erstes Erscheinen ist vielmehr ein ebenso amüsanter wie mühseliger Akt einen Anfang zu setzen, der immer schon etwas voraussetzt. Jeder Weg hat gewissermaßen einen Vorgänger, wie jede Fortbewegung eine Vorgängerin hat, der oder die aber im Verborgenen vorgängiger Wege und Bewegungen verharren. Der erste Lichtstrahl am Ende des Tunnels, der erste Geröllhaufen, durch den sich der einsame Reiter seinen Weg bahnt, ja auch die Wasserwege der ImmigrantInnen an den Küsten der mediterranen Inseln beginnen bereits vor dem jeweiligen Film. Der Anfang des Films ist das Ende eines Weges.